Besuchshunde in der Pflege

Therapiehunde, die Pflegebedürftige in Altenheimen oder Kinder in Kindergärten und Schulen besuchen? Das gibt es bereits in einigen medizinischen und öffentlichen Einrichtungen. Aber wusstest Du, dass auch normale Haustiere als Besuchstiere in Frage kommen? So zum Beispiel die Vierbeiner des Arbeiter-Samariter-Bunds (kurz: ASB). Sie wohnen bei den ehrenamtlichen Mitgliedern des ASBs als ganz normale Haustiere. Wir haben mit Birgit B., einem Mitglied des Besuchshundedienstes, gesprochen. Sie erzählt uns im Interview, wie das mit den Besuchshunden in der Pflege klappt.  

Birgit B. arbeitet seit 2014 mit ihrem Labrador Retriever „Kevin“ beim Arbeiter-Samariter-Bund KV Pegnitz-Bayreuth e.V. im Besuchshundedienst.

Was ist eigentlich genau der Besuchshundedienst?

Birgit, Du arbeitest jetzt seit fast acht Jahren ehrenamtlich beim ASB im Besuchshundedienst. Wie kamt ihr auf dieses Projekt?

Birgit: Ich war früher mit meinem Hund in der Rettungshundestaffel aktiv. Dort sind die Anforderungen an Menschen und Hund sehr hoch, das heißt, man muss einiges ertragen können. Eines Tages erlebte eine Kollegin einen sehr belastenden Einsatz. Aus diesem Grund beschlossen wir, einen Besuchshundedienst in unserem Gebiet Betzenstein, Pegnitz und Bayreuth aufzubauen.

Eure Hundeteams besuchen Menschen in der Tagespflege, in Altenheimen und auch in Kindergärten. Was ist das Ziel dieser Besuchshunde in der Pflege?

Birgit: Zum einen, den Menschen eine Freude zu bereiten, die selbst keinen Hund halten können oder wollen, wie zum Beispiel Bewohnende von Pflegeheimen. Besuchstiere haben eine positive Wirkung auf die Psyche von Pflegebedürftigen. Außerdem wollen wir Kindern den Umgang mit Hunden nahebringen. Wir setzen sie zum Beispiel auch als Lesehunde in Kindergärten, Schulen und Horten ein. 

Aber nicht nur die Menschen, die wir besuchen profitieren von unserer Aktion. Wir wollen auch Hundebesitzern die Möglichkeit geben, sich mit ihrem vierbeinigen Freund einer sinnvollen, ehrenamtlichen Aufgabe zu widmen.

Alte Frau mit Besuchshund.

Auf den Seiten des ASBs erhältst Du Einblicke in den Besuchshundedienst

Wie viel kostet eine Ausbildung zum Besuchshund?

Birgit: Bei uns – das heißt beim ASB – muss man nur die Kosten für eine Mitgliedschaft aufbringen. Als Nebenkosten fallen beispielsweise aber noch die Fahrkosten an. Außerdem sollten Interessierte ausreichend Freizeit mitbringen und die Bereitschaft, sich bei uns zu engagieren.

Freizeit haben viele Menschen nur begrenzt. Wieso sollte man Deiner Meinung nach trotzdem die Zeit aufwenden, sich als Besuchshundeteam ausbilden zu lassen?

Birgit: Die Ausbildung und auch die Tätigkeiten danach sind eine sinnvolle Beschäftigung für Mensch und Hund. Man kann Menschen eine Freude bereiten, ihnen helfen, ihre Fähigkeiten zu erhalten und aktiver am Leben teilzuhaben. Wer gerne mit Kindern arbeitet, kann ihnen den Umgang mit Hunden beibringen und auch die Angst davor nehmen. Wir unterstützen Kinder beim Lernen und dabei, ein Selbstbewusstsein aufzubauen. Die Ehrenamtlichen selbst haben auch die Möglichkeit Kontakte mit anderen Hundeliebenden zu knüpfen. 

Aufgrund der Corona-Pandemie wird die Aktion leider pausiert. In welchen Einrichtungen war der ASB davor mit den Hunden unterwegs?

Birgit: Vor Corona haben wir unter anderem diese Einrichtungen besucht:

  • Kindergarten Riegelstein
  • Dr.-Dittrich-Schule Pegnitz
  • Brigittenheim Pegnitz
  • Arche Noris
  • Tagespflege der Diakonie Pegnitz
  • BRK Altstadtpark Bayreuth Palliativstation Bayreuth
  • Altenheim in Artelshofen
  • Was zeichnet einen Besuchshund in der Pflege aus?

    Gibt es Hunderassen, die als Besuchshund bevorzugt werden?

    Birgit: Nein, eigentlich nicht. Tatsächlich haben wir auch einen Kater. Aber Kampf- und Schutzhunde werden bei uns zum Beispiel als Besuchstiere abgelehnt. Das hängt aber auch von der jeweiligen Landesverordnung ab.

    Welche Vorerfahrungen braucht der Hund eines Besuchshundeteams?

    Birgit: Der Hund sollte auf keinen Fall negative Erfahrungen mit Menschen gemacht haben! Es gibt eine so genannte „Begleithundeprüfung“, die Hunde ablegen können. Das ist aber kein Muss. Allerdings sollte der Vierbeiner die Grundkommandos „Sitz“, „Platz“, „Bleib“ und „Hier“ können. Bevor der Hund anschließend ausrücken kann, muss er bei uns einen Eignungstest bestehen.

    Frau ist mit Besuchshund zu sehen.

    In der Begleithundeprüfung werden Hunde auf ihr Verhalten gegenüber Fremden, ihr Verhalten in der Öffentlichkeit und auf Kommandos geprüft. Mehr über den Test erfährst Du zum Beispiel hier.

    Und welche Eigenschaften sollte der kleine oder große Vierbeiner sonst noch haben?

    Birgit: Der Hund muss freundlich auf Menschen zugehen und gut sozialisiert sein. Er darf in keiner Situation aggressiv werden oder ständig bellen, aber auch nicht zu ängstlich sein. Zudem sollte er sich mit anderen Hunden verstehen. 

    Wie sehen die Aufgaben der Besuchshunde in der Pflege aus?

    Die Personen, die ihr besucht, nennt ihr „Gäste“. Was unternehmen zum Beispiel eure älteren Gäste und Gästinnen in Altenheimen und Tagespflegen mit den Hunden?

    Birgit: Wir versuchen bei älteren Personenkreisen mit Spielen zwischen Hund und Gast die noch vorhandenen Fähigkeiten der Pflegebedürftigen zu unterstützen und zu fordern. Das können einfache Spiele und Kommandos sein – zum Beispiel, dass Gäste dem Hund einen Ball zuwerfen, dieser den Ball zurückbringt und fallen lässt. Anschließend bekommt der Hund dann ein Leckerli. 

    Neben solchen klassischen Aufgaben haben wir aber auch ausgefallenere Ideen: Die Bewohnenden bekommen beispielsweise Gläser, die mit den Zahlen eins bis sechs nummeriert sind. In diesen befinden sich Zitate, Märchen, Sprichwörter und Lieder. Der Hund wählt aus, welches Glas die Gäste öffnen dürfen, indem er einen großen Schaumstoffwürfel würfelt. Diese Übung zielt darauf ab, dass bei demenzerkrankten Personen Erinnerungen hervorgerufen werden. Dann kommen unsere Gäste oft ins Erzählen, selbst wenn sie sonst nicht mehr sprechen.

    Das sind aber nur zwei Beispiele für Übungen. Im Allgemeinen sind der Fantasie bei solchen Aktivitäten keine Grenzen gesetzt. 

    Auf dem Bild ist ein Instagram Beitrag von consil med über Tiere in der Pflege zu sehen.

    Bist Du interessiert an weiterem spannenden (Hunde-) Content? Dann schau‘ auf unserem Instagram-Kanal vorbei 😊

    Und welche Übungen macht ihr mit Kindern?

    Birgit: Vorschulkindern wollen wir vor allem das Tier an sich näherbringen. Die Kinder lernen durch ein spezielles Buch, Spiele und Spaziergänge die Sprache des Hundes kennen. Sie übernehmen aber auch Verantwortung für den Hund, indem sie beispielsweise Wasser bringen, ihn streicheln, bürsten und das Geschäft des Hundes bis zum nächsten Mülleimer tragen. 

    In Schulen werden unsere Vierbeiner zum Beispiel als Lesehunde eingesetzt: Die Schulkinder lesen dem Hund vor und streicheln ihn dabei. Das soll die Lesefähigkeit bei unseren jungen Gästen stärken. 

    Was passiert, wenn Kinder einem Hund vorlesen? Sind Lehrende in diesen Fällen nicht meist hilfreicher?

    Birgit: Wir konnten beobachten, dass die Kinder bei den Hunden entspannter und selbstbewusster sind. Der Hund nimmt die jungen Menschen so an, wie sie sind und bewertet sie nicht. Das stärkt die Kinder und macht sie selbstbewusster. Außerdem macht es ihnen sehr viel Spaß, Hunden vorzulesen. Wenn sie allerdings Fragen haben, können sie sich natürlich jederzeit an einen Erwachsenen wenden. 

    Auf dem Bild ist ein Therapiehund mit einem Kind zu sehen.

    Als Besuchshundeteam musst Du besonders darauf achten, welche typischen Fehler beim Umgang mit Hunden passieren können. Inspiration, wie Kinder das richtige Verhalten lernen können, findest Du in diesem Videobeitrag des tv:H.

    Besuchshunde in der Pflege können stressmindernd wirken

    Klinische Studien haben nachgewiesen, dass beim Streicheln eines Tieres der Blutdruck sinken kann und das Stresslevel sinkt. Habt ihr auch bereits bei euren älteren Gästen und Gästinnen einen positiven Effekt durch die Hunde beobachten können?

    Birgit: Vor allem bei Personen, die an Demenz erkrankt sind, haben wir schon oft eine positive Wirkung erkannt. Beispielsweise finden sie wieder an zu sprechen – über frühere Erlebnisse oder auch nur ein kurzes „Ade, bis bald!“- Das ist ein großer Erfolg der Tiere, denn mit den Angehörigen oder den Pflegekräften sprechen viele Erkrankte schon lange nicht mehr. Die meisten können sich nicht an uns Hundebesitzer erinnern, jedoch an die Tiere.

    Laut Studien leiden etwa vier Prozent der Bevölkerung an einer klinischen Angst vor Hunden. Haben eure Teams denn auch bereits negative Erfahrungen gemacht?

    Birgit: Eigentlich nicht – sicher gibt es Menschen, die Angst vor Hunden haben. Deshalb fragen wir in Einrichtungen immer nach, ob die Bewohnenden sich denn überhaupt einen Besuch der Tiere wünschen. Bei einem Besuch in der Tagespflege, wo sich alle Menschen in einem größeren Raum aufhalten, sitzen Person mit Hundephobien nicht im Stuhlkreis, sondern abseits. Der Hund geht dann dort nicht hin. Meistens schauen diese ängstlichen Bewohnenden auch gerne zu, fassen den Hund aber nicht an. 

    Bei Kindern haben wir bisher noch überhaupt keine negativen Erfahrungen gemacht. Ganz im Gegenteil: Die vorsichtigen Kinder verloren ihre Angst durch die regelmäßigen Besuche in der Einrichtung.

    Was war Dein schönstes Erlebnis als Besuchshundeteam?

    Birgit: Der schönste Moment ist eigentlich immer, wenn ein dementer Gast wieder zu sprechen beginnt. Im Allgemeinen aber immer die Freude der Menschen bei unseren Besuchen – sei es Alt oder Jung. 

    Auf dem Bild ist eine fröhlich wirkende, ältere Dame mit einem Besuchshund zu sehen.

    Laut Schätzungen leben in Deutschland 1,6 Millionen Menschen mit Demenz. Um mehr über den Umgang mit Demenzerkrankten zu erfahren, klicke hier.

    Wie sieht die Zukunft des Besuchshundediensts aus?

    Hat eure Aktion Deiner Meinung nach eine Zukunft, vor allem in Bezug auf die Corona-Pandemie?

    Birgit: Auf jeden Fall! Wir hoffen, dass wir zu Beginn der wärmeren Jahreszeiten wieder starten können. Wir wollen Besuche ins Freie verlegen, wo die Ansteckungsgefahr nicht so hoch ist. Niemand von uns will das Virus verbreiten oder in die Einrichtungen einschleppen. Deshalb ruhen unsere Besuche noch, aber wir sind optimistisch für die Zukunft. 

    Wusstest Du schon, dass Du auch als Pflegekraft mit Deinem Haustier zusammenarbeiten kannst? Mehr über Tiere in der Pflege erfährst Du hier

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    Tags

    Besuchshunde, Hunde, Pflegekraft


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